Dienstag, 31. Juli 2012

31.07.2012 - der Tag X


*Gähn*…was, es ist Dienstag, halb7? Wunderbar, endlich ist es soweit! Handy, Kamera, Prius herrichten, Freund abholen und ab nach Freiburg. Naja, gut, wir mussten nach [xxx] und einen Zwischenstopp machen, da mein Freund noch etwas zu erledigen hatte und ich somit allein nach Freiburg fahren musste. Gut, was solls, macht für mich ja auch keinen großen Unterschied – dachte ich. Denn die Straße von [xxx] nach Freiburg war wegen Bauarbeiten gesperrt. Die Umleitung war etwas seltsam ausgeschildert – scheinbar war ich aber der einzige der sie falsch verstanden hatte, denn meine Strecke führte Quer durch Wiesen, Wälder und ländliche Gegend, vereinzelt einzelne Häuser und eine Straße die für mich alleine fast zu schmal war. Da kam es schon zu so manch lustigen Situationen, beispielsweise wenn mir ein Milchlaster entgegen kommt. Oder Franzosen die mit einem Affentempo an mir vorbei brettern. Aber verlief alles gut. Nur mein Zeitplan stimmte mit diesem kleinen Umweg dann leider nicht mehr so ganz, sodass ich gut eine ¾ Stunde zu spät gekommen bin.
Angekommen in Freiburg:
Parkplatz direkt vor dem Visavajara – wer die Parkplatzsituation in Freiburg kennt weiß warum – yeah! Dann von Ralf erfahren dass es sich hierbei um Anwohnerparkplätze handelt und mich das 15€ kosten kann…ach was solls, die 15€ zahle ich notfalls gern bevor ich mich jetzt noch auf ewige Parkplatzsuche begebe. Gleich vorab: Wie so oft habe ich einmal mehr kostenlos geparkt ;-).

Roland war im unteren Geschoss noch mit irgendetwas beschäftigt, wodurch ich dann erst einmal meine „Henkersmahlzeit“ zu mir genommen habe. Das Visavajara Freiburg gefällt mir sehr was die Inneneinrichtung betrifft, verglichen zu so manchem Tattooladen bei uns sehr modern, geschmackvoll, freundlich und Hell. Hier in [Heimatstadt] lungern in den Tattooläden eher Totenköpfe rum und es handelt sich um alte, in die Jahre gekommene Holzhäuser. Nach etwa einer viertel Stunde kam dann auch Roland, er rauchte dann erstmal eine und wir haben uns nochmal über den Split unterhalten. So habe ich von ihm unter anderem auch erfahren dass hauptsächlich Menschen in gehoberen Positionen, also Manager oder Firmenchefs, sich einen Split machen lassen da dieser weniger auffällig wie Tattoos oder Piercings sind, aber umso mehr Spaß machen. Na das klingt ja vielversprechend.

Die Prozedur:
Nachdem er etwa 10 Minuten die Werkzeuge vorbereitet hatte ging ich dann zu ihm in den Behandlungsraum. Ich selbst bin ja Hobbymäßiger Lichttechniker und helle Scheinwerfer gewohnt, aber das an der Decke – verdammt ist das hell! Naja, um mich etwas zu beruhigen haben wir uns erstmal meinen Penis angesehen, da ich auch an Genital Beads interessiert bin, was aber einige werden und mir nach der günstigsten und besten Methode für viele Beads geschaut haben. Dieser Versuch mich zu beruhigen hat aber schlecht funktioniert. Äußerlich habe ich durchaus ruhig gewirkt, denke ich, innerlich hatte ich aber, verständlicherweise, einen relativ hohen Puls und doch etwas…wie nenne ich es…ja, Angst vor dem Eingriff gehabt. Respekt, wie es wohl sein wird, wie weh es tun wird und was mich erwartet.
Ich wurde mit einem Operationskittel eingekleidet damit meine Klamotten nicht voll mit Blut werden, dann wurde angezeichnet wie der Split werden soll. Wir haben uns beide auf Maximaltiefe geeinigt, was in der Praxis die beeindruckende Tiefe von rund 4cm sind – im Netz werden 3cm schon als „sehr tief“ bezeichnet. Ich hoffe nur dass das ganze nicht zusammenwächst, was von Roland aber verneint wurde, warum erkläre ich später.
Als es dann soweit war und ich mich auf die Liege gelegt habe war die Anspannung, die Angst und der Puls auf dem Höchststand. Meine Zunge wurde dann mit geeigneten Maßnahmen die ich nicht näher erläutere betäubt, etwas das nicht alle Bodymodder machen. Aber es hat sich gelohnt.
Nachdem meine Zunge dann Taub war – die Betäubung war tatsächlich das schmerzhafteste an der ganzen Prozedur, das stechen jedes normalen Piercings ist schmerzhafter - wurde das ganze dann nochmal gemeinsam mit Ralf angesehen, daraufhin zwei Zangen an je eine Zungenhälfte angesetzt. Mein Puls ging runter, man spürte es kaum.
Das ging etwa 5 Minuten so bis die Zangen perfekt saßen – die wohl nervendste Sache der ganzen Prozedur, ständig die Vorahnung dass gleich etwas passiert, du weißt aber nicht wie es sein wird und wann.
Als dies dann endlich fertig war kam es zum eigentlichen Schnitt, ausgeführt mit einem Chirurgenskalpell. Angefangen an mir zu säbeln und ich spürte: NICHTS! Absolut gar nichts, nur Blut im Mund und dass so langsam die Zunge zu zwei Teilen wurde. Wahnsinn! Mein Puls ging dann extrem schnell auf „Normal“. Auch das vernähen der Wundränder später war absolut schmerz- und Gefühlsfrei. Es ist nur ein sehr komisches Gefühl wenn dir bei vollständigem Bewusstsein im Mund rumgenäht wird. Dieses Nähen bewirkt laut Roland aber dass der Split schön rund wird, die Zunge nicht wirklich zusammenwächst und auch nicht verklebt – na hoffentlich wird sie nicht zusammenwachsen, die Tiefe ist nämlich toll!

Nachdem das ganze fertig war musste ich noch etwas liegen bleiben bis die Blutungen besser wurden. Auch hatte Roland etwas Angst um meinen Kreislauf, aber völlig unbegründet, mir ging es blendend, auch durch meine Vorgeschichte mit diversen Unfällen, wo es teilweise relativ heftig blutete! Erst langsam hinsetzen, dann vorsichtig aufstehen – kein Problem. Ab vor den Spiegel: Cool! Du hast es jetzt tatsächlich gemacht. Und witzigerweise konnte ich beide Zungenhälften schon voneinanderstrecken, etwas das andere erst üben müssen.
Ich habe mir dann noch Wasser zum trinken geholt, mich raus an die frische Luft gesetz, etwas ausgeruht und meinem Freund geschrieben dass ich jetzt wohl bald losfahren werde.
Als ich damit dann fertig war ging es vor an die Theke, bezahlen (350€), Termin fürs Fädenziehen ausmachen (Montag, also 6 Tage nach dem Split), ich habe noch seine Handynummer für Rückfragen/Notfälle bekommen und bin dann abgedüst. Die Heimfahrt ging gottseidank nicht über die vorherige Waldstrecke, aber durch die Sperrung musste ich trotzdem einen Umweg von 30km in Anspruch nehmen. Während der Fahrt war mein körperlicher Zustand…ja, erschöpft, neugierig, müde – alles auf einmal. Der Rat von Roland am Telefon dass ich nicht alleine die Heimfahrt antreten sollte ist durchaus begründet und sollte wirklich dringend beachtet werden. Während der Fahrt begann dann auch die Wirkung der Schmerzmittel nachzulassen, und das hat man gemerkt. Die Zunge blutete auch noch nach, war aber nicht weiter tragisch.
Ich bin dann aber nach rund einer Stunde Fahrt heil an der Wohnung meines Freundes angekommen, von da an fuhr dann er. Das war auch besser so, ich war wirklich ziemlich schlapp gewesen, musste immer wieder nach dem Split schauen, wie es ihm geht, ob es noch blutet etc.
Wir sind dann nach rund 3,5 Stunden fahrt am Elternhaus meines Freundes angekommen, von da an fuhr ich dann die restlichen 3km zu mir nach Hause. Von ihm habe ich noch Ibuprofen und Mundspülung mitbekommen. Ich bin bekennender Gegner von Schmerzmitteln, aber in der Nacht darauf habe ich sie tatsächlich nehmen müssen.

Die erste Nacht: Autsch, das tut weh! Naja, dann lege ich mich mal schlafen. Vorher noch schnell Eiswürfel und Früchtetee mit Stevia gemacht um Tags drauf selbstgemachten Eistee zu trinken. Fertige Getränke sind aufgrund des Säuregehalts, abzusehen von stillem Wasser, eigentlich nicht trinkbar.
Noch etwas Fringe angesehen, Musik gehört, ich war aber so schlapp dass ich mich schnell schlafen gelegt habe. Das war zumindest der Plan. Obwohl ich müde war konnte ich partout nicht einschlafen, Hauptgrund waren sicherlich die Schmerzen in der Zunge. Als ich um 3:00 nachts dann immer noch nicht schlafen konnte habe ich mir dann doch eine Ibuprofen 400 eingeschmissen, Eiswürfel gelutscht (Zunge war mittlerweile angeschwollen) und nochmal eine Kanne Tee zubereitet, nur so als Vorbereitung. Dabei ist mir um 3:00 Nachts dann der Wasserkocher um die Ohren geflogen, da dieser Undicht war und sich Wasser auf der Basisplatte gesammelt hat, wodurch es zu einem Kurzschluss zwischen Phase und Nullleiter kam. Tolle Sache, hat sehr angenehm nach verbranntem Plastik gerochen. Jetzt ist ein neuer bestellt – nicht von Siemens.
Zwei Eiswürfel im Mund und 5 im Tee später konnte ich dann nach etwas Musik endlich einschlafen und habe bis zum kommenden Morgen durchgeschlafen. Entgegen meiner vorherigen Operationen hat das Ibuprofen wunderbar funktioniert.

Montag, 30. Juli 2012

Vorgeschichte


Seit 3 Jahren dachte ich immer wieder über einen Split nach. Ursprünglich spielte ich mit dem Gedanken schon als ich 19 war, aber nach Gesprächen mit meinen Eltern und einigem Nachdenken habe ich es dann doch gelassen, zumal ich erst eine Ausbildungsstelle haben wollte, man weiß ja nicht ob und wie sich das ganze später auswirkt.

In der Zwischenzeit habe ich dann mit 2 Zungenpiercings Spaß gehabt, anfangs nur ein normaler Stab im hinteren Bereich der Zunge, dann gegen später ein Ring ganz vorn.
Ende Juli 2012 ist das Thema Split dann wieder aufgelebt. Folgend habe ich im Internet recherchiert und nach einigen Tagen im Visavajara, erst in Nürnberg, dann in Freiburg, angerufen um mich näher zu erkundigen.

Von Roland in Freiburg habe ich dann eine ausführliche FAQ-Liste zugesandt bekommen, welche mir die Entscheidung nicht wirklich erschwert hat, sondern sogar im Gegenteil, alle „negativen Auswirkungen“ über die im Internet teilweise Horrormeldungen verbreitet werden wurden hier entkräftet.
Und auch Erfahrungsberichte von Menschen die selbst einen Split haben berichteten nur positives, von Videos im Internet was sich mit solch einem Split anstellen lässt war ich ebenfalls begeistert.
So stand es für mich fest: Der Split kommt.

Mit Roland habe ich dann einen Termin für Dienstag, den 31.07.2012 um 12:00 ausgemacht. 

Von meinem Wohnort bis nach Freiburg sind es rund 250km. Von da an habe ich jeden Tag verzweifelt auf jenen Dienstag gewartet.

Meinen Eltern und Bekannten habe ich, bis auf meinen besten Freund und einen engen Arbeitskollegen, nichts von dem Vorhaben erzählt.

Meine Eltern wussten es schon damals, vor 3 Jahren, dass ich es machen lassen wollte, sie waren natürlich von dem Vorhaben nicht sehr begeistert, leben aber nach dem Motto „Es ist dein Leben, mach was dir gefällt und du für richtig findest“, was ich sehr an ihnen schätze. Es ist dann aber nie passiert innerhalb von 3 Jahren.

Immer wieder habe ich während dieser Zeit darüber nach gedacht, Videos gesehen. Letzendlich, nach 3 Jahren, bin ich dann einfach an dem Punkt angekommen „wenn es dir gefällt und du ständig daran denken musst, dann mach es jetzt einfach“.

Und so habe ich es einfach machen lassen. Ich bin mir nicht sicher ob dies der richtige Weg war es meinen Eltern vorher nicht zu sagen, denke aber es ist besser als ihnen unter die Nase zu reiben „nächste Woche mache ich es“. Ich denke das ist schlimmer.

Die Nacht davor:
Ich bin eigentlich sehr ruhig gewesen, sehr schnell eingeschlafen, dann aber relativ schnell wieder aufgewacht und habe dann sehr unruhig geschlafen. Vermutlich habe ich nur unterbewusst an den Split denken müssen, aber das hat gereicht.